Wort des Pfarrers
Beständig auf den Advent zu
Im Gottesdienst am 22. August hat mich Kirchenrätin Regula Amman zum rechtmässig eingesetzten Pfarrer der Kirchgemeinde Hundwil erklärt. Es war ein schöner Tag. Ein festlicher Gottesdienst bereichert vom herzerwärmenden Gesang des Hundwiler Jugendchörli. Anschliessend ein feines Essen im Rössli mit guten Begegnungen und Gesprächen. Viel Wohlwollen ist mir und meiner Familie an diesem Tag entgegengekommen. Und auch seither. Dafür bin ich dankbar.
Nun bin ich mich am Einarbeiten im Pfarramt. Viele der alltäglichen Aufgaben habe ich bereits kennengelernt (zum Beispiel auch die Gestaltung der kirchlichen Seiten im Hondwiler Blättli). Bis heute, da ich diese Zeilen schreibe, musste ich gottlob noch kein Gemeindeglied beerdigen. Das ist bemerkenswert und ein Grund zur Dankbarkeit.
Zu meiner Freude haben sich die Hundwiler Kinder kaum verändert in ihrer Art. Es ist erstaunlich, wie aufmerksam sie sind. Ob in der 2. oder in der 9. Klasse, sie hören zu, denken und reden mit. Natürlich nicht nur und nicht andauernd, aber was wären das für Kinder, wenn es anders wäre? Und noch immer singen sie die Choräle so, dass es eine Freude ist.
Leider konnten sie am Erntedankgottesdienst infolge der Regierungsmassnahmen ihre Lieder nicht zu Gottes Ehre erklingen lassen. Das gemeinsame Singen, die Gemeinschaft im Gottesdienst und die Gemeinschaft bei Wurst und Brot wurde verunmöglicht. Ausser die Kirchgemeinde hätte einen Teil der Gemeindeglieder einfach ausgeschlossen. Was keine Option ist, denn das Haupt der Kirche, Jesus Christus, hat gesagt: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstossen“ (Johannes 6, 37). Auch der Seniorennachmittag, der für den 28. Oktober geplant war, wird unter diesen Umständen nicht stattfinden.
Das Virus, die Massnahmen aufgrund desselben und die Konsequenzen, die daraus fliessen, berühren fast alle Lebensbereiche. Und sie führen uns etwas unwidersprechlich vor Augen. Etwas, das wir zu schnell immer wieder vergessen, trotz vieler gegenteiliger Hinweise: Wir Menschen vermögen auch beim besten Willen nicht, wahre Gemeinschaft zu stiften. Eine Gemeinschaft, die Bestand hält. Bestand hält, ganz egal, was da kommen mag, wenn es auch der Tod wäre.
Hat Bundesrat Alain Berset noch an seiner 1. Augustrede gesagt: „Nur mit Eigenverantwortung und Wahlmöglichkeit kann echter sozialer Zusammenhalt entstehen – Zwang ist keine Option„, so werden heute gesunde Menschen von Universitäten, Restaurants, kulturellen Anlässen ausgeschlossen, wenn sie sich nicht testen oder impfen lassen wollen oder können. In andern Ländern kommt es bereits zu bürgerkriegsähnlichen Szenen. Wir Schweizer sind, Gott sei Dank, etwas zurückhaltender. Noch ist es nicht so weit. Doch wird auch bei uns der Graben tiefer. Waren es am Anfang noch verschiedene Meinungen zum Virus, seiner Gefährlichkeit, den Massnahmen, die zu Diskussionen, Streit und Zerwürfnissen geführt haben, so sind es jetzt die Massnahmen der Regierung selbst, welche die Menschen trennt.
Angesichts dieser einen grossen Wahrheit, dass wir keine bleibende Gemeinschaft stiften können und angesichts der diese Wahrheit veranschaulichenden Missstände, ist es gut, dass wir auch dieses Jahr wieder auf den Advent zugehen. Denn auch der Advent erinnert uns an etwas. Etwas, das wir leider ebenfalls häufig zu schnell vergessen. „Advent“ heisst Ankunft. Jesus ist angekommen. Damals vor 2000 Jahren, als Sohn Marias. Er ist Mensch geworden und hat sein Leben gegeben, damit wahre Gemeinschaft wieder möglich ist. Gemeinschaft zuerst mit Gott und in ihm dann auch miteinander. Eine Gemeinschaft, die nicht unser Wohlwollen als Grundlage hat, das schnell einmal sich in Missgunst oder gar Hass verkehren kann. Eine Gemeinschaft, die nicht von uns Menschen und unseren wechselhaften Gedanken und Empfindungen abhängig ist. Die Gemeinschaft des Schöpfers mit denen, die ihm geglaubt haben. Die Gemeinschaft der Kinder Gottes. Eine Gemeinschaft, die von keinen persönlichen Differenzen, keinem Virus, keinen Mächtigen dieser Welt, und auch nicht vom Tod zerstört werden kann.
Der Advent erinnert uns aber auch daran, dass auch diese Gemeinschaft noch auf ihre Vollendung wartet. Er erinnert uns an die Ankunft, die noch bevorsteht. „Ich komme wieder und werde euch zu mir nehmen„, hat Jesus seinen Jüngern gesagt (Johannes 14,3). Von alters her ist deshalb der Advent auch eine Zeit der Busse, eine Zeit der Umkehr zu Gott. Eine Zeit, darin Christen Gott besonders um Vergebung und Erbarmen bitten. Damit er sie bereit mache für die wahre Gemeinschaft. Die zwar hier schon beginnt, die aber dann erst zur Vollendung kommt, wenn Christus wiederkommt und das Reich Gottes für alle sichtbar anbricht.
Lassen wir uns das vom Virus und vom Advent sagen und nehmen es zu Herzen, oder glauben wir weiterhin, wir Menschen könnten es richten?
Pfarrer David Mägli
Quelle: Hondwiler Blättli, 3. Quartal 2021