02 Im Zeichen der Freiheit

500 Jahre Reformation im Appenzellerland 1524-2024

Die grösste menschliche Not, die Sünde und das Böse in der Welt, das Unrecht, das wir Menschen Gott, einander und unseren Mitgeschöpfen antun, ob wir es wollen oder nicht. Was ist damit?-

Sind wir dem hilflos ausgeliefert und deshalb verloren? Oder können wir mit gutem Willen durch gute Werke gerecht werden und die Welt zu einem besseren Ort machen?-

Woher wissen wir überhaupt, was wahr ist und zuverlässig, für Zeit und Ewigkeit, so dass wir uns „nicht irren von dem Ziel“?

Die Reformatoren legten den Grund wieder frei, der damals (und heute?) verschüttet war: Die Heiligen Schriften, die Worte der Propheten und Apostel, die Bibel, das offenbarte und aufgeschriebene Wort Gottes, das in allen relevanten Fragen klar und verständlich ist. Nur dieses ist unser uneingeschränktes Vertrauen wert und bewährt sich im Leben und im Sterben.

„Die Schrift bezeugt mit vielfältigen Kundschaften, dass unsere Unschuld und Gerechtigkeit, und dass uns Gott zu Kindern aufgenommen, und zu Erben ewiger Güter, nämlich seines Reichs, gemacht habe, dem einigen hochverdienstlichen Kreuz Jesu Christi ausserhalb aller unserer Werke heimzusetzen und aller Preis unserer Erlösung dahin zu stellen ist.“

Der St. Galler Reformator Vadian, aus „Vom Mönch- und Nonnenstand“, 1548.

„Unser Fundament ist dies: das Evangelium befiehlt uns, nicht unsere Wohltaten und unsere Vollkommenheit anzusehen, sondern den Gott der Verheissung, Jesus Christus, den Mittler.

Dagegen befiehlt der Papst, nicht auf den Gott der Verheissung, auf Christus, den Hohenpriester, zu schauen, sondern auf unsere Werke und Verdienste. Daraus kommt dann notwendig der Zweifel und die Verzweiflung. (…) 

Das ist der Grund, warum unsere Theologie Gewissheit hat: Sie reisst uns von uns selbst weg und stellt uns ausserhalb unser, so dass wir uns nicht auf unsere Kräfte, Gewissen, Sinn, Person, auf unsere Werke stützen, sondern auf das, was ausserhalb unser ist, nämlich auf die Verheissung und Wahrheit Gottes, der nicht täuschen kann.“

Martin Luther, aus dem grossen Galaterbriefkommentar, 1530.

(zwei Tage vor seinem Tod auf einen Zettel notiert):

„Vergil in seinen Bucolica und Georgica kann niemand verstehen, wenn er nicht fünf Jahre Hirte oder Bauer gewesen ist. Cicero in seinen Briefen, zweitens, versteht niemand, wenn er nicht zwanzig Jahre lang sich in einem hervorragenden Staatswesen betätigt hat. 

Die Heiligen Schriften meine niemand genügend geschmeckt zu haben, wenn er nicht hundert Jahre lang mit den Propheten die Kirche regiert hat. Deshalb ist es ein ungeheures Wunder um erstens Johannes den Täufer, zweitens Christus, drittens die Apostel. Du versuche diese göttliche Aeneis nicht, sondern verehre gebeugt ihre Spuren. Wir sind Bettler. Das ist wahr.“

«Einen andern Grund kann niemand legen als der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.» 1. Korinther 3,11

Die 5 «Solas» wurden in der Reformationszeit als Grundprinzipien des biblischen und reformatorischen Glaubens herausgearbeitet.

Sola Scriptura – allein die Schrift. Nur die heilige Schrift ist das Fundament und die Autorität in Glaubensfragen. Keine kirchliche Tradition (oder andere Schriften) können über der Schrift stehen.

Sola Gratia – allein aus Gnade. Der Mensch kann nur durch Gottes Gnade errettet werden. Die Gnade Gottes bringt uns zum Glauben.

Sola Fide – allein durch Glauben. Allein durch Glauben – nicht aus Werken – kann der Mensch in Christus gerechtfertigt werden.

Solus Christus – allein durch Christus. Nur in Christus können wir errettet werden. Es gibt keinen anderen Weg zu Gott und zum Ewigen Leben als nur durch Christus.

Soli Deo Gloria – allein Gott die Ehre. Gott hat alles was ist zu seiner eigenen Ehre erschaffen. Es ist Gottes souveräne Entscheidung, den Menschen in Christus zu erretten. Das Ziel des Lebens ist es, Gott zu ehren.