Leben oder – nur zentralisiertes Dienstleistungsangebot?

Wort des Pfarrers

… dann wird man nachdenklich

In Hundwil da wissen viele etwas, das man an den allermeisten anderen Orten in unserem Land kaum mehr weiss. Das Jahr hat nicht schon immer am 31. Dezember geendet. Nebst dem „neuen“ Silvester an diesem Tag gibt es einen „alten“ Silvester am 13. Januar. Die Chlausschuppel erinnern uns jedes Jahr wieder daran. Im Jahr 1582 hatte Papst Gregor einen neuen Kalender eingeführt. Über zwei Jahrhunderte später haben dann auch die (damals noch) widerspenstigen Appenzeller den neuen Kalender akzeptiert. Eine Zeit lang wurde an beiden Daten Silvester gefeiert. Daran erinnern uns die „Schöne“, die „Schö-Wüeschte“ und die „Wüeschte“, wenn zumindest sie es auch heute noch so handhaben und auch am alten Silvester noch den Familien auf den Höfen ein gutes neues Jahr wünschen.

Mitten zwischen diesen beiden Silvestern ist der 6. Januar, bei uns bekannt als Dreikönigstag. In vielen Häusern wird der Dreikönigskuchen gegessen und hier und dort trägt dann ein strahlendes Kind die Krone.

Ob es drei waren, wissen wir nicht. Sie brachten drei Gaben: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Weshalb dann bald schon auch von drei Königen die Rede war. Die Bibel berichtet auch nicht von Königen, sondern von „Magiern“ oder „Weisen“. Männer, die über ein besonderes Wissen verfügten, unter anderem auch über die Sterne. Einer dieser Sterne hatte sie nach Jerusalem geführt. Dort suchten sie im Palast nach dem neugeborenen „König der Juden“, dem sie ihre wertvollen Gaben bringen und den sie anbeten wollten. Der amtierende König aber, Herodes, er war alarmiert: Da gibt es einen Thronanwärter, vom dem er nichts weiss, der aber so bedeutend ist, dass reiche Männer aus dem Osten kommen, um ihm zu huldigen. Er schmeichelt sich bei den Magiern ein und fordert sie auf, ihm auf dem Rückweg zu sagen, wo sie den neuen König gefunden haben, damit auch er ihm huldigen könne. In Wahrheit will er ihn töten. Die Magier finden ihn schliesslich in Betlehem im Stall in einer Krippe. Denn es ist ja kein normaler König, sondern der König, dessen Thron das Kreuz und dessen Krone aus Dornen sein wird. Die Magier werden von Gott gewarnt und gehen nicht zurück zum Palast. Herodes lässt darauf hin in Bethlehem alle Buben unter zwei Jahren töten. Jesus wird nur gerettet, weil sein himmlischer Vater Josef gewarnt hatte und dieser mit Maria und dem Kind nach Ägypten fliehen konnte.

Wie es heute bei uns meistens ist mit den christlichen Festen, wird zwar wohl der Dreikönigstag begangen, doch selten wird noch auf den Ursprung und Inhalt Bezug genommen. Beim Dreikönigstag ist es gut verständlich. Diese Episode sprengt den schönen und wohligen Charakter des Weihnachtfestes. Es ist erschreckend und verstörend, was da passiert ist. Und doch gehört er dazu. (In vielen orthodoxen Kirchen wird, wie bei uns Silvester, Weihnachten noch nach dem alten Kalender, am 6. und 7. Januar gefeiert).

Jesus Christus und sein Heilswerk war von Anfang an gefährdet. Der Böse wollte damals und will bis heute nicht, dass die Menschen das Kind in der Krippe, den König mit der Dornenkrone anbeten und Frieden machen mit ihrem Schöpfer. Er versucht das auf alle nur denkbare Weise zu verhindern.

Nicht, dass heute in unserem Land Christen verfolgt würden. In vielen anderen Ländern geschieht das. Doch mit dem neuen Finanzreglement und dem neuen Kirchgemeindereglement, welches die Synode am 18. September des vergangenen Jahres grossmehrheitlich angenommen hat, ist es realistisch, dass unsere Kirchgemeinde schon bald nicht mehr existiert. Zum einen aufgrund der absehbaren möglichen finanziellen Schwierigkeiten, zum andern, weil der Kirchenrat nun die Macht hat „Kirchgemeinden zur Zusammenarbeit zu verpflichten“.

Man könnte denken, dass sei nicht weiter tragisch. Fusionieren sei nicht das Ende. Doch ist das so? Schaut man etwas genauer auf die Grosskirchgemeinde Zürich, oder bei uns im kleineren auf die fusionierte Kirchgemeinde „ Appenzeller Hinterland“, dann wird man nachdenklich.-

Das Leben lässt sich nicht zentralisieren. Auch nicht das kirchliche Leben. Dort wo nicht Sonntag für Sonntag in der Kirche das Wort des Lebens gepredigt und womöglich in der Sonntagsschule erzählt wird, wo nicht Woche für Woche die Kinder in diesem Wort unterrichtet werden, wo nicht je und je eine Schar sich sammelt zum Abendmahl, um vom ewigen Leben selbst genährt und getränkt zu werden, dort stirbt es. Übrig bleibt ein zentarlisiertes religiöses Dienstleistungsangebot, das je nach Belieben genutzt werden kann. Dieses lässt einen vielleicht hie und da ein schönes Fest feiern, doch vermag es keine Herzen zu binden und Menschen zu begaben mit dem langen Atem der Liebe und Geduld, so dass sie dankbar sind für das, was sie haben und bereit, einander die Lasten zu tragen. Am Ende bleiben sie leer und allein zurück und der Böse hat erreicht, was er von Anfang an wollte. Das möge Gott verhindern.

Pfr. David Mägli

Quelle: Hondwiler Blättli, 1. Quartal 2024