Wort der Pfarrfamilie
Peter
Am späten Nachmittag des 19. Mai wurde unser jüngster Sohn Peter von einem Traktor mit Anhänger überfahren. So dass er nicht mehr atmete und auch sein Herzschlag nicht mehr zu spüren war.
Geistesgegenwärtige Zeugen alarmierten sofort die Sanität und begannen mit der Reanimation. Währenddessen riefen wir wenige Familienglieder und Freunde an, dass sie doch bitte für Peter zu unserem Gott flehen und auch andere Glaubensgeschwister darüber informieren sollten. (Wie wir später erfahren haben, beteten bereits auch mehrere Nachbarn für Peter).
Die Sanität, welche, Gott sei Dank, seit vergangenem Jahr einen Stützpunkt in unserem Dorf hat, war anwesend und in kürzester Zeit bei uns. Sie beatmeten Peter mit einem Beatmungsgerät und führten die Herzmassage weiter.
Im Haus beteten wir unter Tränen zu unserem Herrn, dass, wenn es sein dürfe, er Peter doch noch einmal in dieses irdische Leben zurückkehren lasse. Nach einigen Minuten folgenloser Reanimation sagte die Sanitäterin, es bestehe kaum mehr Hoffnung, dass er wiederkomme.
Doch er wurde uns ein zweites Mal geschenkt. –
Seither sind nun über vier Monate vergangen.
In leid- und notvollen Wochen auf der Intensivstation im Kinderspital St. Gallen kämpfte Peter sich unterstützt von den Ärzten und Pflegern weiter zurück ins Leben. Er leidet an einer inkompletten Tetraparese (hohe Querschnittlähmung) und verschiedenen Hirnverletzungen.
Nach einigen Wochen im Hegauer Jugendwerk in Gailingen (DE) konnte Peter verlegt werden in die Kinderrehabilitationsklinik in Affoltern am Albis.
Dort wird er von aufmerksamen und tüchtigen Menschen bestmöglich therapiert und geht weiterhin tapfer seinen schweren Weg auf dem wir ihn, so gut wir können, begleiten.
Er und wir sind ja nicht die Einzigen. So viele Verletzte und Behinderte gibt es, die mit ihren Eltern und Angehörigen ungeheure Lasten zu tragen haben. Von denen man kaum etwas weiss, wenn man nicht selbst betroffen ist. –
Auch wir erlebten Tage und Nächte voll Angst, Not, Bangen, Sorgen, Ohnmacht, Hilflosigkeit, Trauer, Verzweiflung. Und unsere Kräfte waren manches Mal erschöpft. –
Doch mittlerweile hat sich für uns alle ein neuer „Alltag“ ergeben. Ein Alltag, in dem wir wieder miteinander leben wie zuvor, nur dass sich für Peter und durch ihn auch für uns vieles verändert und einiges erschwert hat. Wir sind dankbar, dass er alle vier Glieder zwar mit schweren Einschränkungen aber auch mit zunehmender Kraft bewegen kann. Dass er geistig gesund ist, sich erinnert und uns, seine Verwandten und einige von Euch, kennt. Dass er wieder essen und trinken und (wenn auch mit durch Verletzungen eingeschränkter Stimme) reden kann. Dass er von seinem Wesen her derselbe ist, der Peter, so wie er war, offenherzig und fröhlich und eigenwillig und stur, der nun nicht mehr den vorbeifahrenden Auto- und Töfflifahrern winkt, sondern den Pflegern und Therapeuten, die er kennt.
So vieles ist noch da oder bereits wieder zurückgekommen. –
Am 5. September konnte Peter das erste Mal nach Hause kommen und den Wochenwechsel zu Hause mit seiner Familie verbringen. Das war wunderschön.
Wenn nichts Unvorhergesehenes passiert, soll es weiterhin so sein. Das ist ein Segen für unsere Familie. Denn wir waren seit dem Unfall nie mehr alle miteinander zu Hause. Fünf Tage die Woche ich, zwei Tage die Woche meine Frau mit den vier Brüdern. Und umgekehrt mit Peter.
Vorläufig wird er für die nächsten Monate in Affoltern bleiben und solange werden wir ihn auch die Treppen im Haus hoch und runter tragen können. Ob er je wieder gehen können wird oder ob das Pfarrhaus rollstuhlgängig gemacht werden kann oder ob wir umziehen müssen, wird sich zeigen.
Auf die Frage, weshalb unserem Peter das passiert ist, erhalten auch wir als Pfarrfamilie keine Antwort. –
Doch wir schöpfen Trost aus dem, was die Bibel uns sagt; dass unser Gott den Kleinen, Schwachen, Leidenden und Versehrten besonders nahe ist und mit ihnen mitleidet, ihre Last mitträgt, sie tröstet und stärkt durch seinen Heiligen Geist. Dass er versprochen hat, denen, die ihn lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken zu lassen, auch das Schwere und Leidvolle.
Dass er das an und in seinem Sohn Jesus Christus erfüllt hat, als Versprechen und Siegel. –
Wir freuen uns darauf, einmal zu sehen, wie der Allmächtige in seinem Reich persönlich die Tränen all der vielen abwischt, die so Schweres leiden mussten. Zu hören, wie dann nicht die Klage, sondern das Lob seiner Güte und Barmherzigkeit aus ihrem Mund tönen wird. Und zu erleben, wie Peter und die anderen körperlich Versehrten mit allen, die dem Sohn Gottes geglaubt haben, ganz und gar heil sein werden.
Gott sei Dank für diesen Trost und diese Hoffnung und für alles, was er Peter und uns in diesen Monaten getan und gegeben hat. –
Und auch Euch sei Dank, liebe Hundwiler!
All denen, die in diesen Monaten mit uns gelitten und gebangt und für Peter und uns gebetet haben, uns ein liebes Wort gesagt oder geschrieben haben, gebacken, gekocht, die Brüder bewirtet, die Wäsche gewaschen und anderes mehr für uns getan haben. –
Es ist schön und tut im Herzen wohl, solch liebevolle Anteilnahme zu erfahren.
Gott möge es Euch vergelten.
Familie Mägli
Quelle: Hondwiler Blättli, 3. Quartal 2025